{Leben mit Kind} Über das Trösten

Neulich im Spielkreis hat mein Kind sich auf einem Parcour versucht. Es hat gespielt und verschiedene Höhen ausprobiert. Dann hat es ein bisschen das Gleichgewicht verloren und ist von einer Schräge runtergerutscht.

Das schien es gestört zu haben und es hat angefangen zu weinen. Sofort sagte ein anderer Erwachsener zu meinem Kind: Es ist doch gar nichts passiert!

Ich nahm mein Kind und hielt es im Arm. Ich wusste nicht, ob es sich erschrocken hatte oder ob es wütend war, dass es mit dem „klettern“ nicht geklappt hat oder was es gestört hat, aber offensichtlich war da etwas, was mein Kind verstimmte. Ich nahm an, dass es sich erschrocken hatte und sagte: „Da hast du dich erschrocken, hm?“

Also hielt ich es und war einfach da. Denn es ist erlaubt, seine Gefühle zu zeigen.

Immer wieder bin ich erschrocken darüber, wie schnell uns Erwachsenen ein „Es ist ja nichts passiert“ rausrutscht. Welches Recht nehmen wir uns da heraus, darüber zu urteilen, ob das Kind nun weinen darf oder nicht? Wen wollen wir damit wirklich beruhigen? Das Kind oder vielleicht uns selbst?

Als Erwachsene wissen wir schnell ob sich das Kind ernsthaft verletzt hat und können dann froh sein, dass zum Glück nichts passiert ist. Aber für das Kind fühlt es sich trotzdem schlimm an. Etwas hat nicht so geklappt wie es das wollte, vielleicht war seine ganze Anstrengung umsonst. Das fühlt sich nicht gut an und darüber darf es Trauer und/oder Wut äußern.

Wir scheinen in einer Gesellschaft zu leben in der Gefühle wie Trauer oder Wut als schlechte Gefühle abgetan werden und aus diesem Grund keine Existenzberechtigung haben. Sätze wie „was denken bloß die Nachbarn“ kommen vielen wahrscheinlich bekannt vor.

Aber wenn dein Kind weint, in meinem Fall ist es noch ein Baby, dann sei für es da. Halte es. Erkenne sein Gefühl an. Denn es ist echt. Das ist kein Verwöhnen, sondern stärkt die Bindung. Dein Kind fühlt sich sicher, denn es wird gesehen und angenommen.

Zurück zur Situation im Spielkreis: Da ich annahm, dass mein Kind sich erschrocken hatte, sagte ich: „Da hast du dich erschrocken, hm?“ Und ich hielt es weiter im Arm.

Als Eltern ist es auch unsere Aufgabe unserem Kind zu helfen seine Gefühle zu verstehen. Wir trösten es und übersetzen was es fühlt in Sprache. Wenn das Kind älter wird, wird es lernen seine Gefühle besser zu verstehen, aber wir müssen sie ihm davor erklärt haben. Wir spiegeln unserem Kind seine Gefühle indem wir sie in Worte fassen und es sich besser verstehen lernt. Indem die Bindungspersonen die Gefühle versprachlichen und sie nicht abtun, können Kinder ihre Gefühle später auch in Worte fassen und darüber sprechen.

Wenn wir uns schlecht fühlen, geht es uns auch besser, wenn wir in den Arm genommen werden. Anteilnahme lässt uns, uns besser fühlen. Das hat nichts mit verwöhnen zu tun. Lassen wir unsere Kinder, Kinder sein und begleiten wir sie auf ihrem Weg, mit Zuwendung und Feinfühligkeit.

Avesta

Artikel zu diesem Thema:

https://geborgen-wachsen.de/2013/06/06/ist-doch-nicht-so-schlimm-ist-es-doch-uber-das-trosten/

https://diekleinebotin.at/erziehung-kinder-troesten-und-begleiten/

{Leben mit Kind} Entschleunigung

Es ist ein brütend heißer Tag in Berlin.

Wir verbringen den Nachmittag im Garten. Das satte Grün der Bäume lässt mich wieder atmen.

Zur Abkühlung füllen wir dir eine Schüssel mit Wasser in der du den ganzen Nachmittag bis Abend fröhlich quiekend spielst. Ich sitze neben dir auf einer Decke und gieße Wasser mit einer Gießkanne im deine Badeschüssel. Du hältst deine Hände unter den Strahl und fühlst. Wasser ist nass. Und es ist kühl. Du kannst es nicht festhalten, es fließt zwischen deinen kleinen Fingern hindurch. Das Licht bricht sich in den kleinen Wassertropfen und es glänzt. Es sieht aus als würden die Lichtpunkte auf dem Strahl tanzen.

Und da merke ich wieder: Ich bin im Moment. Ganz präsent und sehe die Schönheit der Gegenwart. Die Schönheit dessen, was sich gerade vor meinen Augen abspielt. Wenn ich ganz im Hier und Jetzt bin, sieht alles viel klarer aus. Deutlicher. Die Farben stechen mehr hervor.

Diese Momente habe ich oft mit dir. Sie sind so kostbar. Du entschleunigst mein Leben. Es ist schon komisch, einerseits entschleunigt sich mein Leben mit dir und andererseits verfliegt die Zeit.

Und ich sage mir: Genieße es. Genieße jeden Moment.

Avesta

{Leben mit Kind} Raum geben

Da sitzt du nun und versuchst dich vom Sitzen rauszubewegen. „Stütz dich ab!“ möchte ich dir zurufen, so groß ist meine Sorge, dass du fällst. Fällst, wie es die letzten Tage immer mal wieder der Fall war. Du kannst dich nun hinsetzen doch aus dem Sitz rauszukommen fällt dir schwer. Du lässt dich einfach fallen. Wie auch schon die letzte Male, sage ich nichts. Möchte nicht, dass du meine Angst merkst. Und du, du fällst nicht. Vorsichtig tastest du dich vor und kommst langsam aus dem Sitzen raus. Nur um dich wieder hinzusetzen und wieder aus dem Sitzen rauszukommen. Ich könnte dich stundenlang beobachten. Ich lerne so viel von dir. Es geht dir um den Prozess. Du übst und übst und übst. Unermüdlich.

Mir wird klar, dass es genau darum geht.

Du musst fallen, um zu lernen, dass du dich abstützen musst. Ich bin da, wenn du mich brauchst. Ich lasse dich erkunden, lasse dich die Welt begreifen. Wenn du fällst, tröste ich dich.

Ich gebe dir den Raum. Ich gestalte ihn dir so, dass ich nicht oft „Nein!“ sagen muss. Du kannst dich frei bewegen.

Du darfst dich ausprobieren und hast Zeit. Zeit deinen Körper und die Welt kennen zu lernen.

Du darfst wachsen und begreifen und ich begleite dich.

Bis bald!

Avesta